Ein weiterer Blogbeitrag zu dem leidlichen Satz “Food under one is just for fun”. In ersten Beitrag dazu ging es um das Thema Eisen in der Beikost, diesmal geht es darum wie viel Beikost das gestillte Baby überhaupt essen sollte. Also eigentlich ist der Satz ja von Grund auf ganz gut, denn im ersten Jahr und besonders zu Beginn der Beikost ist es doch viel mehr als nur Essensaufnahme. Es wird erlebt, gefühlt, gerochen, gespielt, entdeckt. Verschiedene Temperaturen, Konsistenzen, Farben und Geschmäcker. Aber wie viel sollte denn jetzt wirklich im Kind landen?

Mutter mit Baby auf dem Schoß beim Essen

Beikoststart

6 Monate voll stillen und im Anschluss, sobald die Beikostreifezeichen vorhanden sind, mit der Beikost beginnen. Zu diesem Zeitpunkt geht es vorrangig darum, das Baby an die neue Situation zu gewöhnen und ihm zu zeigen, dass es jetzt auch an den Mahlzeiten teilnehmen kann. Eine kleine Portion Essen auf einen kleinen Teller und das Entdecken kann losgehen. Mit den Händen wird das Essen erkundet und wenn man Glück hat landet sogar was im Mund. Meist ist aber der Teller leer und der Boden voll. Und genau so ist es ok. Wir bieten dem Kind Essen an und es kann selbstständig entscheiden was und wie viel davon den Weg in den Mund findet.

Zusätzlich sollte vor der Mahlzeit gestillt werden, sodass das Baby nicht hungrig an den Tisch gesetzt wird. Denn hungrig lässt sich die Welt schlechter erkunden. Gerade in der Anfangsphase der Beikost ist daher die Muttermilch auch noch die Hauptnahrungsquelle.

Wann wird es mehr?

Jetzt fragst Du Dich wahrscheinlich, wann es denn nun mehr wird was Dein Baby isst. Und meine Antwort: Keine Ahnung. Es ist sehr unterschiedlich, wie lange die Kinder brauchen um nennenswerte Mengen in den Magen zu bekommen. Oft muss man erst noch mit den Uhrzeiten, den Lebensmitteln und den Konsistenzen rumprobieren, bis man das gefunden hat, was das Baby mag. Daher lautet meine Empfehlung: immer wieder anbieten. Da zu Beginn eh kaum was gegessen wird, ist es kein Problem relativ schnell mehrere Mahlzeiten mit dem Baby gemeinsam am Tisch zu sitzen. Vorausgesetzt natürlich, man lässt das Kind selbst entscheiden, was es von dem Angebotenen nimmt. Dabei ist es dann auch nicht schlimm, wenn man an einem Tag mal das Frühstück nicht gemeinsam einnimmt, vielleicht weil das Kind ausnahmsweise länger schläft. Das kann man ganz wunderbar an die individuelle Familiensituation anpassen.

Also stimmt der Satz doch?

Naja nur halb. Wichtig ist, dass man dem Kind regelmäßig ein ausgewogenes Angebot macht. Wenn das Kind dann experimentiert, und auch immer mal wieder was zum Mund führt und isst, ist das ok. Wenn das Kind allerdings keinerlei Interesse am Essen hat, obwohl alle Beikostreifezeichen erfüllt sind und man auch verschiedene Tageszeiten und Lebensmittel getestet hat, sollte man aufmerksam sein. Natürlich ist jedes Kind verschieden und manche benötigen einfach ein paar Wochen länger, aber es ist nicht verkehrt von Beginn an aufmerksam zu sein, und zu Wissen, worauf man achten sollte.

Mögliche Ursachen für den verzögerten Beikoststart

So verschieden die Kinder sind, so verschieden können auch die Ursachen sein und das hier stellt keine vollumfängliche Liste dar. Es soll Dir Ideen geben, wo Du drauf achten kannst und was möglich ist. Manche Sachen hast Du vielleicht schon mal gehört, kannst sie aber gar nicht in Zusammenhang mit der Beikost bringen. Im Zweifelsfall auch hier immer eine Fachperson kontaktieren und nachfragen ob noch alles im Grünen Bereich ist.

Mineralstoffmangel

Eisen- oder Zinkmangel können Appetitlosigkeit verursachen. Dies ist besonders ungünstig, da es zu einer Spirale werden kann. In meinem Artikel Eisen in der Beikost  habe ich schon einiges zum Thema geschrieben. Es kann relativ häufig vorkommen, dass Babys einen zu niedrigen Eisenwert haben. Der angelegte Eisenspeicher reicht in der Regel ca. 6 Monate, kann aber auch in Ausnahmefällen bis zum Ende des ersten Lebensjahres ausreichen. Abhängig ist er von verschieden Faktoren wie z. B. das Auspulsieren der Nabelschnur bei der Geburt oder die Eisenversorgung der Mutter in der Schwangerschaft.

Weil nicht genau festgestellt werden kann, wie lange denn der Eisenspeicher bei Deinem Baby ausreichend ist, wird empfohlen ab Beikoststart eisenreiche Lebensmittel anzubieten. (Jetzt hab ich doch wieder mehr dazu geschrieben als eigentlich gewollt, aber es ist einfach so wichtig). Ein Eisenmangel (ebenso wie ein Zinkmangel) kann wie gesagt zu Appetitlosigkeit führen und durch das Nichtessen kann kein neues Eisen aufgenommen werden, sodass das Baby immer mehr in den Mangel rutscht.

Hier hilft nur ein Gang zum Kinderarzt, der durch eine Blutuntersuchung (je nach Arzt kann es auch über einen Picks in die Fingerkuppe geschehen) den Status der Nährstoffe feststellt. Liegt ein Mangel vor, muss dieser mit Supplementen behandelt werden. Ein Eisenmangel ist nicht über die Ernährung alleine auszugleichen.

Orale Restriktionen

Wenn ein Kind nicht essen möchte, kann das auch mit oralen Restriktionen zusammenhängen. Besonders bekannt ist hier das kurze Zungenband (es gibt auch noch Lippen und Wangenbänder die Probleme machen können). Oft führt ein zu kurzes Zungenband bereits zu Stillproblemen, frühzeitig erkannt kann ein Durchtrennen und entsprechendes Wundmanagement helfen diese Probleme zu lösen. Manchmal nimmt das Kind aber trotz zu kurzem Zungenband ordentlich zu und etwaige Probleme werden auf andere Ursachen zurückgeführt, sodass die  Probleme in späteren Lebensphasen wieder akut werden.

Zum Beispiel bei der Einführung der Beikost. Ist die Zunge nicht beweglich genug, kann das Kind Probleme beim Essen haben und findet dadurch das Essen unangenehm und zeigt wenig bis kein Interesse. Stillen hat sich wahrscheinlich etabliert und so bekommt das Kind ohne Schwierigkeiten Nahrung. Der Mangel wird meist erst später sichtbar.

Mehr Informationen zu der Problematik kurzes Zungenband und auch entsprechende Fachkräfte findest Du auf der Seite von DEFAGOR

Sensorische Empfindlichkeiten

Diese Störung tritt oft bei Autisten auf, ist aber auch ohne Autismus vorzufinden. Bei Menschen mit besonderer Empfindlichkeit werden die Eindrücke intensiver bzw. anders vom Gehirn verarbeitet. Dies kann dazu führen, dass auch beim Essen besondere Texturen, Temperaturen oder auch Gerüche als unangenehm wahrgenommen werden, die für den Großteil der Menschen kein Problem sind.

Für Eltern ist das schwer zu erkennen, gerade bei Babys, ob eine entsprechende Sensibilität vorliegt. Oft kommt dies aber auch in anderen Lebensbereichen (Kleidung, Spielzeug etc.) vor, sodass man dadurch ggf. Rückschlüsse ziehen kann. Wenn der Verdacht besteht, dass das Kind eine besondere Sensibilität in bestimmten Bereichen hat, sollte man mit Fachpersonal darüber sprechen. Diese können einen helfen, wie man diese Erkenntnis im Alltag einbaut und umsetzt.

Wie viel Beikost sollte Dein gestilltes Baby essen?

Empfehlung der WHO zur Kalorienmenge im ersten Lebensjahr

Nochmal zurück zu dem Satz “Food under one is just for fun”. Von der WHO gibt es eine Publikation, in der festgehalten ist, wie der Energiebedarf im ersten Lebensjahr ist und wie der Energiegehalt der Muttermilch dazu im Vergleich ist. Dabei wird gut sichtbar, dass Muttermilch zwar im ganzen ersten Jahr sehr wichtig ist, aber alleine den Energiebedarf (und da sprechen wir noch nicht von anderen Nährstoffen wie Eisen) nicht decken kann. Ab dem Alter von 12 Monaten sollte über 50% der Energie aus fester Nahrung stammen. Der Rest wird über die Muttermilch gedeckt.

Schaubild der WHO Energiebedarf im ersten Lebensjahr

Quelle: Complementary feeding: family foods for breastfed children (who.int)

Es ist alles nur eine Phase

Es kann aber auch sein, dass nichts von obigen Punkten vorliegt und es nur eine dieser Phasen ist. Diese kommen bei Kindern immer wieder vor. Du wirst merken es gibt Zeiten, in denen Dein Kind sich merkwürdig verhält. Aber nach kurzer Zeit legt oder ändert sich das Verhalten. Oft erkennt man erst hinterher den Grund dafür. Es kann auch daran liegen, dass der Fokus gerade auf einer anderen Entwicklung liegt, fängt es gerade an zu krabbeln oder robben? Dann kann es sein, dass sobald diese Entwicklung geschafft ist, das Kind auch wieder mehr Kraft hat sich auf das Essen zu konzentrieren.

Zähne können auch ein Grund sein, weswegen Dein Kind nicht essen möchte. Durch die Schmerzen kann das Essen zu einer unschönen Angelegenheit werden. Dabei gibt es aber immer noch die Möglichkeiten, dass man entsprechend mit Temperatur oder Konsistenz variieren kann und es vielleicht so angenehmer für das Kind ist.

Fazit – Essen ist nicht nur Spaß

Essen ist wichtig und daher stehen wir als Eltern in der Verantwortung unseren Kindern entsprechende Angebote zu machen. Beikostreife Kinder sollten regelmäßig eine ausgewogene Auswahl an Lebensmitteln zur Verfügung haben, von denen sie sich bedienen können. Wenn Dein Kind nicht essen will oder nur ganz wenige und vereinzelte Lebensmittel isst, wird es Zeit da genauer zu schauen. Dabei kann der Kinderarzt, aber auch eine Ernährungsberatung im Bereich Beikost helfen. Als Fachkraft für babygeleitete Beikost und Stillberaterin kannst Du mich gerne kontaktieren, wenn Du unsicher bist, ob Dein Baby genug Beikost zu sich nimmt.

Hier kommst Du zu meinen Angeboten