„Wirklich vegan? Für Kinder?!“ – Warum ich diese Frage inzwischen mit einem Lächeln beantworte
Vegane Kinderernährung ist für viele Familien gelebter Alltag – und dennoch halten sich hartnäckig Vorurteile über vegane Kinderernährung. Im echten Leben wird man das ja selten so direkt gefragt – aber im Internet sieht das schon ganz anders aus. Gerade auf Social Media sprießen plötzlich Expert*innen für Ernährung, Kindererziehung oder beides gleichzeitig aus dem Boden.
Wenn mir im realen Leben mal jemand diese Frage stellt, dann ist das meist echte Neugier. Weil viele einfach so tief in alten Denkmustern stecken, dass sie sich gar nicht vorstellen können, dass ein Kind wirklich ohne Milch, Fleisch oder Eier groß werden kann – und das nicht nur „irgendwie“, sondern gesund, glücklich und ganz normal.
„Aber das Kind muss doch auch mal ‘normal’ essen dürfen…“ – Was heißt hier eigentlich normal?
Da ist es wieder – dieses schöne, dehnbare Wort: normal.
Aber was ist eigentlich „normal“? Der Duden sagt:
- a) der Norm entsprechend, vorschriftsmäßigb) so, wie es sich die allgemeine Meinung als üblich oder richtig vorstellt
c) normalerweise
- keine auffälligen Abweichungen in Entwicklung oder Wachstum
Für uns ist es normal, vegan zu leben. Es ist normal, keine Tiere auszubeuten. Es ist normal, sich mit Ernährung, Ethik und Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Also wachsen unsere Kinder doch eigentlich ganz normal auf, oder?
Was mit dieser Frage oft gemeint ist: „Sollte Dein Kind nicht auch mal Fleisch essen?“ Oder: „Warum darf es keine ‘typischen’ Gerichte essen, die man eben so kennt?“
Aber: Das ist nicht unser Standard. Wir wollen unseren Kindern keine veralteten Normen überstülpen, sondern ihnen Wissen mitgeben. Damit sie später selbstbestimmt entscheiden können – auf Grundlage von Fakten, nicht von Mythen.
„Die armen Kinder – das ist doch Mangelernährung!“
Ja, Mangelernährung im Kindesalter ist ein ernstes Thema. Sie kann Entwicklungsverzögerungen und gesundheitliche Schäden verursachen.
Aber: Eine rein pflanzliche Ernährung ist nicht automatisch eine Mangelernährung.
Mangelernährung kann in allen Ernährungsformen vorkommen – sie hängt von vielen Faktoren ab: Armut, Krankheit, unzureichende Lebensumstände oder fehlendes Wissen.
Wenn Du bei einer veganen Ernährung auf kritische Nährstoffe achtest – also z. B. auf Vitamin B12, Protein, Eisen, Jod, Omega-3, Calcium, Zink, Vitamin D, B2 und Selen – dann kannst Du eine bedarfsgerechte Ernährung auch im Familienalltag problemlos umsetzen.
Ja, Supplemente gehören bei einer veganen Ernährung dazu. Aber das ist keine Schwäche – sondern gelebte Verantwortung. Nahrungsergänzungsmittel sind da, um uns zu unterstützen, und haben absolut ihre Berechtigung.
Für Eltern mit Babys oder Kleinkindern empfehle ich meinen Minikurs „Vegane Beikost ohne Brei“.
Darin geht’s u. a. um Eisenversorgung, um bedürfnisorientierten Beikoststart und wie Du vegane Ernährung ganz praktisch und sicher umsetzt.
„Das Kind wird später alles essen – und sich rächen“
Das höre ich oft. Meist in dem Zusammenhang, dass Kinder sich angeblich für „verbotene“ Dinge rächen, wenn sie älter werden. Und ja – das kann passieren, wenn wir einfach nur verbieten, ohne zu erklären.
Aber bei uns ist es anders. Wir leben vegan nicht, weil wir glauben, es wäre „gesünder“. Wir leben vegan, weil wir keine Tiere ausbeuten wollen. Das ist ein ethischer Wert, kein Ernährungstrend.
Ich erkläre meinen Kindern, warum wir keine tierischen Produkte essen. Kindgerecht, ehrlich, ohne Panikmache. Wir lesen Bücher (z. B. vom veganen Kinderbuchverlag – keine Kooperation) oder schauen kindgerechte Dokus. Wir sprechen danach gemeinsam darüber. Auch über widersprüchliche Infos.
Und ja, meine Kinder sind alt genug, um draußen unterwegs zu sein. Sie haben Freund:innen, sie essen auch mal außer Haus. Aber sie entscheiden sich weiter für vegane Optionen – aus Überzeugung. Und ihre Freund:innen? Die machen mit. Suchen bewusst Lokale aus, in denen alle mitessen können – mehr Inklusion geht eigentlich kaum.
„Das ist doch Indoktrination!“ – Oder: Warum Werte nicht automatisch Zwang bedeuten
Werte hat jeder. Jede Familie, jede Beziehung, jedes Umfeld basiert auf Werten. Und ja, mit Kindern fangen wir an, vieles nochmal zu überdenken: Was ist uns wichtig? Was wollen wir weitergeben?
Bei uns sind das z. B. Empathie, Verantwortung, Nachhaltigkeit, Bedürfnisorientierung, Respekt – auch gegenüber Tieren.
Diese Werte leben wir vor. Nicht durch Zwang, sondern durch unser Handeln.
Und genauso, wie Kinder von Großeltern religiöse Rituale erleben können (auch wenn wir selbst nicht religiös leben), lernen sie von uns unsere Werte kennen. Sie dürfen sich später frei entscheiden – aber auf Basis von Erfahrungen, nicht aus einem Vakuum heraus.
Viele Familien leben ihre Werte – ob bewusst oder unbewusst. Nur wenn es um Veganismus geht, wird plötzlich von „Indoktrination“ gesprochen. Warum eigentlich?
„Die werden doch total ausgegrenzt!“ – Realität zwischen Kita, Schule und Kindergeburtstagen
Ausgrenzung beginnt selten bei Kindern – sie beginnt oft bei den Erwachsenen.
Wenn wir unseren Kindern mitgeben, dass es auf Werte, Mitgefühl und Respekt ankommt, dann entstehen solche Situationen seltener.
Trotzdem: Ein bisschen Vorbereitung hilft immer.
Hier ein paar Dinge, die sich bewährt haben:
- Kindergarten/Schule: Vorher mit der Einrichtung über das Mittagessen sprechen. Evtl. etwas mitgeben – am besten passend zum Tagesgericht.
- Kindergeburtstage: Früh mit den Eltern sprechen. Kuchen oder Muffins anbieten, die alle essen können. Alternative Snacks für die Mitgebseltüte organisieren. Auch absprechen, wie mit „unveganen“ Situationen umgegangen wird (z. B. wenn das Kind von einem anderen Kind etwas angeboten bekommt).
Übrigens: Vegan ist oft der kleinste gemeinsame Nenner.
Da können alle mitessen – egal ob Allergie, Laktoseintoleranz, religiöse Einschränkung oder einfach keine Lust auf Tierprodukte.
Und wenn unsere Kinder verstehen, warum wir so leben, entwickeln sie kein Schamgefühl, sondern Stolz. Stolz darauf, Teil einer Veränderung zu sein, die auf Mitgefühl basiert.
Fazit: Vielfalt statt Vorurteile – vegane Kinderernährung braucht Wissen, nicht Angst
Vielleicht kennst Du sie auch – die typischen Vorurteile über vegane Kinderernährung: Dass das Kind „zu wenig bekommt“, „Mangel leidet“ oder „zu wählerisch ist“. Ja, es gibt Mangelernährung im Kindesalter – aber nicht, weil eine Familie sich für eine vegane Ernährung entscheidet. Sondern weil Wissen fehlt, weil der Alltag herausfordernd ist oder weil bestimmte Bedürfnisse übersehen werden. Was Kinder brauchen, ist kein Dogma, sondern Begleitung: mit Wissen, mit Weitblick und mit einer guten Portion Gelassenheit.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Du als Mama zweifelst, ob „alles drin“ ist – und gleichzeitig mit Vorurteilen von außen kämpfst. Mit sechs Kindern, unterschiedlichen Bedürfnissen und viel Alltagserfahrung bin ich an Deiner Seite. Du musst diesen Weg nicht allein gehen.
Gemeinsam für eine vielfältige, bedürfnisorientierte Ernährung. Für starke Kinder – und starke Mamas.
P.S.: Die Kommentare sind geöffnet. Ich freue mich, wenn Du Deine Gedanken oder Erfahrungen zum Thema mit mir teilst – ganz egal, ob Du selbst schon mittendrin steckst oder gerade erst beginnst, Dich mit (veganer) Kinderernährung zu beschäftigen.
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