Wird während der Beikost noch gestillt oder ist der Beikoststart gleichzusetzen mit dem Abstillen? Der Beikoststart ist der erste Schritt in Richtung abstillen. Aber der Prozess, dass Beikost und Stillen parallel laufen, kann sich über einige Monate oder auch Jahre hinziehen. Es ist daher ein Trugschluss, wenn man denkt: ich starte mit der Beikost und dann stillt mein Baby nicht mehr. Heute möchte ich euch mehr zu dem Thema Beikost und Stillen erzählen, das umfangreiche Thema Abstillen bekommt einen eigenen Beitrag.

Der Beikoststart

Sobald Dein Baby beikostreif ist, solltest Du mit der Beikost starten. Wann dieser Zeitpunkt erreicht ist erkennst Du an dem vorhanden sein,

der 3 Beikostreifezeichen:

  • sichere Rumpfkontrolle
  • Hand-Mund-Koordination funktioniert
  • Zungenstoßreflex ist (fast) nicht mehr vorhandendie 3 Beikostreifezeichen durch Figuren stilistisch dargestellt

Eine ausführliche Erklärung der 3 Beikostreifezeichen erhältst Du in meinem Blogbeitrag Beikostreifezeichen – Ist mein Baby bereit für die Beikost oder in meiner 4 Wochen Beikostbegleitung.

Zu Beginn der Beikost wird das Stillen noch einen großen Raum einnehmen. Die Portionen die gegessen werden sind noch sehr klein, denn der Beikoststart beginnt mit dem Kennenlernen der Nahrung. Dazu gehört nicht nur die reine Nahrungsaufnahme, sondern auch das Fühlen, Riechen und Experimentieren mit den Lebensmitteln. Für viele Eltern ist dieser Schritt schwer auszuhalten, aber das Kind lernt durch machen. Es muss fühlen welche Konsistenz das Essen hat, es muss fühlen was passiert, wenn es gedrückt oder abgelutscht wird.

Beikost und Stillen – Die Bedeutung der Muttermilch

Muttermilch ist im gesamten ersten Lebensjahr ein wichtiger Nährstoff und über einen langen Zeitraum auch die Hauptenergiequelle. Oft wird gesagt, dass dies für das ganze erste Lebensjahr gilt, aber die offizielle Empfehlung besagt, dass zum ersten Geburtstag ca. 50 % der benötigten Energie durch feste Nahrung gedeckt werden sollte.¹ In der Praxis schwanken diese Mengen natürlich immer etwas, denn genauso stehen um den ersten Geburtstag eine Menge Entwicklungsschritte an, die oft dazu führen, dass wieder vermehrt gestillt wird. Trotzdem finde ich es wichtig, diese Zahlen im Hinterkopf zu haben und zu wissen, dass die Zeit reif ist um am Familientisch mitzuessen. Wenn ein Kind nicht mal annähernd auf diese Mengen feste Nahrung kommt oder immer noch wenig bis gar kein Interesse am Essen zeigt, sollte von einer Fachperson geschaut werden ob gesundheitlich alles ok ist. Erste Anlaufstelle kann dabei die Stillberaterin sein, die dann an weitere Fachkräfte verweist.

 

Wann sollte gestillt werden

Generell sollte die gesamte Stillzeit über nach Bedarf gestillt werden, so also auch während der Beikosteinführung. In vielen Empfehlungen heißt es, dass man eine halbe Stunde vor und eine halbe Stunde nach der Beikostmahlzeit stillen sollte. In meinen Beratungen habe ich gemerkt, dass diese Empfehlung (ich habe die Quelle leider nicht gefunden, aber es zieht sich durch verschiedene Berufsgruppen) für sehr viel Stress und Unsicherheit sorgt. Im Familienalltag ist es oft nicht umsetzbar diese Zeiten einzuhalten und ich sage es ist auch nicht zwingend notwendig.

Vorm Essen stillen

Es ist tatsächlich so, dass es Sinn macht vor dem Essen zu stillen. Dadurch ist das Baby nicht hungrig und kann sich besser darauf einlassen, die neuen Lebensmittel zu entdecken. Dafür ist es allerdings nicht notwendig genau eine halbe Stunde einzuhalten und oft auch nicht machbar, wenn das Baby gerade nicht stillen will. Wenn das Baby noch satt ist von der letzten Stillmahlzeit muss nicht extra nochmal vorm Essen gestillt werden. Wenn es in den Ablauf nicht anders reinpasst (gekocht will ja auch noch werden) kann das Baby auch direkt vorm Essen gestillt werden. Es muss auch nicht jeden Tag und bei jeder Mahlzeit gleich sein. Dabei einfach auf das Baby und die Familienabläufe achten und die Stillmahlzeit vorm Essen entsprechend einfügen.

Nach dem Essen stillen

Auch nach dem Geben der Beikost wird empfohlen eine halbe Stunde zu warten und dann nochmal zu stillen. Die Milchmahlzeit zu der Essensmahlzeit soll den Magen-Darm-Trakt bei der Verdauung unterstützen. Bisher hat der Körper nur Muttermilch verdaut und nun kommen neue Lebensmittel hinzu, die andere Mechanismen im Körper für die Verdauung aktivieren. Dafür ist es allerdings nicht notwendig, dass genau eine halbe Stunde nach dem Essen gestillt wird. Hat man davor gestillt, bewirkt die Muttermilch genau das Gleiche. Nach dem Essen stillen, hilft auch dabei, den restlichen Hunger zu stillen. Denn wie oben bereits geschrieben, ist die Nahrungsaufnahme ja zu Beginn erstmal nicht nur zur reinen Kalorienzufuhr gedacht. Daher kann es, je nachdem wann die letzte Stillmahlzeit vorm Essen war, sein, dass das Baby direkt oder kurz nach dem Essen wieder Hunger hat und stillen möchte. Auch dabei sollte auf das Baby geachtet werden und weiterhin nach Bedarf gestillt werden.

Alltagsbeispiele

Damit jetzt noch besser verständlich wird was ich meine, gebe ich euch noch ein paar Beispiele wie Beikost und Stillen im Familienalltag umgesetzt werden können. In den Beispielen soll es um 12 Uhr Mittagessen geben und die Mutter bereitet das Essen vor.

Das Baby hat um 10 Uhr das letzte mal gestillt. Essensvorbereitungen starten um 11:30 Uhr. Dem Baby wird die Brust angeboten bevor mit dem Kochen gestartet wird. Es trinkt ein wenig und bekommt um 12 Uhr Mittagessen. Durch die Anstrengung beim Essen (ja auch Essen matschen zum Kennenlernen strengt an) ist es wieder hungrig und wird daher direkt nach dem Essen gestillt. 

Das Baby schläft am Vormittag und wird um 10:30 Uhr wach. Zum Aufwachen wird gestillt. Danach zeigt es keine Anzeichen, dass es stillen möchte. Das Baby bekommt Mittagessen und wird im Anschluss gestillt.

Das Baby ist beschäftigt und zeigt bis zum Essen keinerlei Interesse am Stillen und der Brust. Direkt vorm Essen wird die Brust angeboten und dann das Essen. Nach dem Essen möchte das Baby nicht stillen, daher wird gewartet bis das Baby sich zur gewohnten Zeit wieder meldet.

Daniela mit Thorvi und Babykatze

Wie Du sehen kannst, gibt es sehr viele verschiedene Möglichkeiten wie Beikost und Stillen kombiniert werden können. Weitere Alternativen treten ein, wenn es noch weitere Kinder gibt, die Mutter sich nicht alleine um die Essenszubereitung kümmert oder vielleicht arbeiten geht. Daher ist es auch bei dieser Empfehlung wichtig individuell auf die Familie zu schauen und nicht nur nach Schema F vorzugehen. Genauso schaue ich auch bei meiner 4-Wochen Beikostbegleitung auf die individuellen Bedürfnisse der Familien und wir gehen die Beikosteinführung gemeinsam Schritt für Schritt. Hier findest Du weitere Infos: Beikostbegleitung 

 

Quellen:

¹Complementary feeding: family foods for breastfed children (who.int)